Menschen in Kirchseeon In unserem Ort gibt es zahlreiche Männer und Frauen, deren außergewöhnliches Engagement in Beruf, Ehrenamt oder der Kunst öffentliche Würdigung verdient. In dieser Rubrik stellen wir sie vor. Schneller, HÖHER, weiter… Dieser Kalauer ist sicher nicht neu für Andreas Höher, vor allem den Kindern in Kirchseeon als stets gut gelaunter Schulbusfahrer wohlbekannt. Doch obwohl das ATSV-Mitglied beim Neujahrsempfang der Gemeinde bereits mehrfach ausgezeichnet wurde, trägt der drahtige Mann seine Erfolge nicht vor sich her. Er steht nicht gerne im Mittelpunkt. Dabei kann sich seine Leistung wirklich sehen lassen. Der deut- lich jünger wirkende 55-Jährige ist nämlich seit 2005 Extrem- sportler, spezialisiert auf Langdistanzen. So heißt die Kombina- tion aus 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,2 km Marathonlauf. 16 davon hat er bereits absolviert, mit für einen Hobbyathleten höchst achtbaren Zeiten. Zudem hat Höher als erst dritter Mensch nach dem Absolvieren des einmaligen, le- gendären Renn-Zirkels aus Norseman (Norwegen), Swissman (Schweiz), Celtman (Schottland) und ICON (Italien) die höchs- te „Trikot-Auszeichnung“ erhalten. Ein „Black-Shirt“, quasi der Heilige Gral der Szene, das nur den ersten 160 Athleten im Ziel vorbehalten ist. Laien ist meist lediglich der Triathlon in Roth oder der Ironman auf Hawaii ein Begriff. Höchste Zeit also, Höher zu den Bedingun- gen dieser Wettkämpfe zu befragen, bei denen nicht selten Tau- sende Bewerber um wenige hundert Startplätze konkurrieren. Schon beim Zuhören wird dem Sofa-Sportler schwindelig: Beim Norseman etwa muss man morgens um fünf Uhr von einer vier Meter hohen Autofähre in den zwischen neun und elf Grad kal- ten Eidfjord springen. Beim ICON wiederum beträgt der Anstieg auf Rad- und Laufstrecke 7.000 Höhenmeter. Und beim Inferno (Schweiz), der dritten Langdistanz, die er 2023 innerhalb von acht Wochen absolvierte, waren es beim 25-km-Berglauf zum Ziel auf 2970 Meter Höhe bis zu 31 Grad. Sogar wenn es kühler ist, liegt der Flüssigkeitsbedarf bei einem Liter pro Stunde (über eine Dauer von manchmal mehr als einem halben Tag) und die Zufuhr von Energie ist auf die Stunde ge- nau getaktet. „Man braucht zehn- bis zwölftausend Kalorien am Tag; nicht umsonst nennt man das Zureichen der Nahrung die vierte Disziplin beim Triathlon“, erklärt Höher. Außerdem müs- se man für die oft extremen Wetterwechsel unterwegs immer die richtige Kleidung parat haben. „Darum wären meine Erfolge nicht möglich ohne meine Frau Anja und drei gute Freunde, die im Support Vollpro昀椀s sind.“ Sodann macht er deutlich, was bei dieser Extrembelastung wirk- lich zählt - neben körperlicher Fitness und einer realistischen Einschätzung der eigenen Kondition, die Höher als ausgebilde- ter Sanitäter allzeit im Griff hat. Es ist die mentale Vorbereitung. Und der eiserne Wille, das Ziel zu erreichen – was ihm auch im beruflichen Alltag nütze: „‚DNF‘, also ‚did not 昀椀nish‘ ist für mich keine Option“, sagt er. Verbissen sei er deswegen trotzdem nicht, sage sich vielmehr immer: „Es soll mir Spaß machen, auch wenn es noch so hart ist.“ Vielleicht genauso entscheidend ist Höhers Fähigkeit, sich auf das Erleben des Moments zu konzentrieren. Weder durch Musik noch durch Podcasts lässt er sich ablenken. „Es ist unglaublich, was man in der Natur hört, wenn man hin- hört. Oben auf dem Berg manchmal sogar gar nichts.“ Das sei mit keinem sonstigen Sinneserlebnis vergleichbar. Ist das viel- leicht der Grund, warum Höher seinen Körper schindet und sich dieses, wie er selbst zugibt, durchaus kostspielige Hobby leistet? Im Laufe des Gesprächs mit dem sympathischen Mann spürt man, dass da noch etwas anderes ist. Neugier, den eigenen Horizont zu erweitern – was ihn auch bei der Durchführung der Reisen durch ganz Europa antreibt, die das von den Eltern ge- gründete Busunternehmen anbietet. 2013 hat es der gelernte Bankkaufmann ganz übernommen. Aber auch der Wunsch, die Grenzen des Machbaren auszuloten, wie er es als Mountainbi- ker der ersten Stunde „bei einem der letzten großen Abenteuer für normale Menschen“ tut. Seit 1995 macht er Alpenüberque- rungen, geplant bis heute oft nur mit Karte und ganz ohne GPS. Jede einzelne der Touren auf Schotter und Trails, mit ihren bis zu 35.000 Höhenmetern, bei denen er das Rad zuweilen sogar auf den Rücken packt, hat er akribisch dokumentiert; abends die Herausforderungen an Strecke und Material ebenso notiert wie seine Stimmungslage. Diese Aufzeichnungen bescherten dem Kirchseeoner nach der Veröffentlichung in einem Fachmagazin Fans in ganz Deutsch- land. „Mehr als 200 Leute haben mir geschrieben, dass sie mei- ne Touren nachfahren wollten“, berichtet er nicht ohne Stolz. Die Verbundenheit mit der Heimat, wo am Steinsee die Leidenschaft für das nasse Element entstand, hat er dennoch nicht verloren. Noch heute liegt ihm die Wasserwacht am Herzen, bei der er mit Zwölf „endlich mitmachen“ durfte. Ganz selbstverständlich ab- solviert er dort Dienste und sorgt als Ausbilder dafür, dass ATSV- Mitglieder und Lehrkräfte den Rettungsschein machen können. „Soziales Engagement ist mir wahnsinnig wichtig“, sagt Höher zum Schluss. So etwas könne jeder in sein Leben integrieren. Und wer, wie er, durch Sport mit sich zufrieden sei, habe auch „einen klaren Verstand“. Das gelte auch für die, die nicht ganz so schnell, hoch oder weit unterwegs sind – „Hauptsache, man bleibt in Bewegung!“ Text: Michaela Pelz - i. A. vom Markt Kirchseeon Hauptfoto: Jarmila Hajek Fotos: u.l. und u.r. Archiv von Andreas Höher Kennen auch Sie Menschen, die Besonderes leisten in Kirchseeon und eine Würdigung in dieser Rubrik verdienen? Dann freuen wir uns über Ihre Nachricht an kirchseeon-aktuell@kirchseeon.de oder Ihren Anruf unter Tel. 08091 / 552-19. 43 Portrait